Ausbildung machen und die Welt sehen.
Mit Auslandspraktika alles aus der Ausbildung rausholen.

Auslandspraktika mit dem EU-Programm Erasmus+: Ein Erfahrungsbericht.

Tabea Beyer hat bei den WBS SCHULEN in Leipzig eine Ausbildung zur Altenpflegerin absolviert und dabei mehr als nur eine Grenze passiert, und zwar wortwörtlich. Sie hat im Rahmen mehrerer Auslandspraktika mit dem EU-Programm Erasmus+ sieben verschiedene Kulturen erleben dürfen und dabei lebensverändernde Erfahrungen gesammelt.

Liebe Tabea, wo erwischen wir dich gerade?

Momentan bin ich wieder zu Hause, denn es gab eine kleine Planänderung. Deswegen bin ich zwei Wochen zu Hause in Leipzig und dann gehts wieder los zum nächsten Praktikumsort.

Wann und wie hast du vom EU-Programm Erasmus+ bei den WBS SCHULEN erfahren?

Als ich 2018 meine Ausbildung begann, erzählten unsere Lehrer:innen schon ziemlich früh davon, dass es möglich ist, über Erasmus+ ins Ausland zu gehen und während der Ausbildung ein berufliches Praktikum zu machen. Das hat mich damals sofort begeistert und so stand für mich von Anfang an fest: Das mache ich.

Du hast dich für einen recht ungewöhnlichen Weg mit Erasmus+ entschieden. Erzähl mal!

Die meisten Schüler:innen, die das Erasmus+-Programm nutzen, absolvieren in der Regel ein einmaliges Auslandspraktikum von zwei bis 12 Wochen während der Ausbildung.

Mein ursprünglicher Plan war ähnlich. Ich wollte das Praktikum im Oktober 2020, zu Beginn meines dritten Ausbildungsjahres, machen und hatte schon alles mit dem Praktikumskoordinator der WBS SCHULEN, Elias Brandl, besprochen und geplant. Alle Dokumente waren unterzeichnet und auch der Praktikumsort, Italien, stand fest. Ungefähr eine Woche vor der Abreise hat sich Elias Brandl bei mir gemeldet und mir mitgeteilt, dass ich doch nicht fahren kann, weil sich aufgrund der weltweiten Pandemie die Bestimmungen geändert hatten. Wenig später begann für mich schon die Prüfungsvorbereitung, weswegen eine Verschiebung nicht möglich war.

Du hast dich von deinem Vorhaben aber nicht abbringen lassen…

Genau. Ich war so fest entschlossen, das zu machen, dass ich mich im Sommer 2021 noch mal bei Elias gemeldet habe. Ich wusste, dass ich über Erasmus+ noch bis zu einem kompletten Jahr nach meinem Ausbildungsabschluss ins Ausland reisen darf.

Und genau das habe ich dann direkt am 1. September 2021 gemacht und bin mit dem Flugzeug nach Italien zu meinem ersten Praktikum geflogen. Nach dem Italienpraktikum habe ich direkt ein zweites Praktikum in Portugal angehängt. Im November bin ich erst mal wieder nach Hause geflogen, um ein bisschen Geld zu verdienen und Berufserfahrung zu sammeln.

Das war aber noch nicht alles?

Im März 2022 bin ich in mein drittes Auslandspraktikum gestartet – für einen Monat nach Zypern. Anschließend ging es direkt weiter nach Kreta und noch mal nach Italien in die Einrichtung, in der ich schon zu Beginn war. Obwohl ich zuvor schon in Pavia war, habe ich doch wieder viel Neues entdeckt und andere Menschen getroffen. Als Nächstes geht es für mich nach Budapest in Ungarn und anschließend nach Dublin, Irland. Und dann ist leider das eine Jahr nach meinem Ausbildungsabschluss vorüber und ich darf nicht mehr teilnehmen am Erasmus+-Programm.

Das klingt, als hättest Du schon mindestens eine Träne im Auge…

Ja, schon, aber ich mache auf jeden Fall das Beste daraus.

Hattest Du im Sommer 2021 schon den Plan, mehrere Auslandspraktika hintereinander zu machen?

Ich habe mit Elias gleich zu Beginn besprochen, dass ich mehrere Praktika machen möchte. Wir haben dann vereinbart, dass ich für die konkrete Planung jeweils ein, zwei Monate vorher auf ihn zukommen soll. Das hat gut funktioniert. Mir war damals schon klar, dass ich verschiedene Praktika machen werde, aber wie viele es letzten Endes sein würden, das wusste ich damals noch nicht.

Wie aufwendig war die Organisation deiner Aufenthalte vor Ort, wie Unterkunft, Anreise etc.?

Üblicherweise stellt Elias Brandl den Kontakt zur Organisation im Zielland her und übermittelt alle notwendigen Informationen und Dokumente an sie. Die Partnerorganisation kümmert sich dann vor Ort um eine Unterkunft für mich und um einen Praktikumsbetrieb. Das Einzige, worum ich mich selbst kümmern musste, war die Anreise per Zug oder Flugzeug. Es gibt immer ein Willkommenstreffen, bei dem alles Wichtige besprochen wird und ich meine Fragen beantwortet bekomme. Während meines Aufenthaltes kann ich die jeweilige Partnerorganisation jederzeit ansprechen, falls ich irgendwie Hilfe benötige. Ich habe mich also nie allein gelassen gefühlt. Gegen Ende des Aufenthalts gibt es in der Regel noch mal ein persönliches Abschlussgespräch und ich erhalte ein Zertifikat.

Wie ist der Aufenthalt bei Erasmus+ finanziert?

Die Fördermittel fallen, je nach Zielort, immer etwas unterschiedlich aus. Die Kosten für die Unterkunft werden übernommen und meist bleibt auch noch etwas übrig, was ich dann für die Anreise einsetzen darf.

Wovon lebst Du in der Zeit?

Ich bekomme kein Gehalt oder etwas Ähnliches, deswegen habe ich im Vorfeld etwas von meiner Ausbildungsvergütung zur Seite gelegt und finanziere damit meine Verpflegung und meine Freizeitaktivitäten. Falls mein Erspartes knapp werden sollte, würden meine Eltern mich unterstützen. Theoretisch könnte man aber auch einen Minijob vor Ort annehmen, das habe ich bei vielen Erasmus+-Studenten gesehen, die ich kennengelernt habe. Da ich das aber nicht brauchte, weiß ich nicht, ob das vorher mit der Partnerorganisation abgestimmt sein muss.

Was hast du bei deinen Auslandspraktika erlebt und was hat dich am meisten begeistert?

Puh, das ist wirklich schwierig, weil es super viele, einprägsame Erlebnisse gibt. Auf jeden Fall habe ich extrem viel mitgenommen und mich verändert. Insbesondere meine persönlichen Einstellungen haben sich schon während der ersten Reise stark verändert. Damals habe ich super viele „erste Male“ erlebt: das erste Mal alleine reisen, das erste Mal ganz allein ein Restaurant besuchen und weitere solcher Dinge. So etwas hatte ich vorher noch nie gemacht. Die vielen Menschen, die ich kennengelernt und die Erfahrungen, die ich dabei gemacht habe – das war schon heftig in einem positiven Sinne und sehr bereichernd. In Lissabon bin ich in ein Tattoostudio gegangen und habe mich tätowieren lassen. Die Vorabsprache mit der Tätowiererin war, aufgrund der Sprachbarriere, sehr spannend. Die besten Erfahrungen habe ich ohnehin in meiner Freizeit – außerhalb der Praktika – gemacht. Das finde ich besonders gut an Erasmus+, weil genau das auch gefördert wird. Es geht nicht nur darum, die beruflichen Unterschiede kennenzulernen, sondern auch das kulturelle Leben insgesamt zu entdecken. Gerade im Kontakt mit Einheimischen gewinnt man ganz andere Eindrücke, die mich begeistert haben.

In Zypern habe ich in einer Hotelanlage gewohnt. Die Partnerorganisation hatte dort alle Erasmus+-Student:innen untergebracht – quasi ein Studentenwohnheim. Dort habe ich wirklich viele unterschiedliche Menschen kennengelernt. Zudem hat die Organisation sehr viele Ausflüge angeboten und so habe ich wirklich viel von der Insel gesehen, ohne Mehrkosten zu haben.

Wie hast du dich verständigt in so vielen unterschiedlichen Ländern?

Ich habe mich die meiste Zeit mit Englisch verständigt. In den Betrieben gab es allerdings selten Personen, die Englisch sprechen konnten. Ich habe daher ganz intensiv die Abläufe vor Ort beobachtet und mir so viel abgeschaut. Der Rest lief über Gestik und Mimik und ich habe versucht, häufig benutzte Wörter zu lernen. Ich versuche zwar jeweils im Vorfeld die wichtigsten Worte zu erlernen, aber das meiste eigne ich mir doch vor Ort an. Das funktioniert am besten, auch weil es oftmals sehr lustig ist. In Kreta habe ich beispielsweise eng mit einer Krankenschwester zusammengearbeitet, die mir sehr viel beigebracht hat. Auch wenn es sprachlich nicht immer ganz einfach war, haben die Menschen mich immer ganz liebevoll und herzlich angenommen. Solche positiven Erfahrungen habe ich bisher überall gemacht. Das finde ich super toll und es hat mir geholfen, meine Hemmungen zu überwinden.

Mit welchen Ängsten hattest Du zu kämpfen?

Zu Beginn waren meine Ängste deutlich größer, mittlerweile bin ich viel gelassener, wenn ich in eine neue Umgebung komme und neue Personen kennenlerne. Ich habe keine Scheu mehr davor, Menschen direkt anzusprechen, wenn ich etwas wissen will oder Hilfe brauche. Mit jeder neuen Reise bin ich selbstbewusster geworden.

„Mit jeder neuen Reise bin ich selbstbewusster geworden.“


Tabea Beyer | Auszubildende zur Altenpflegerin bei den WBS SCHULEN

Hattest du in Deutschland während deiner Auslandsaufenthalte eine feste Arbeitgeber:in?

Ich bin gerade arbeitslos, da es einfach nicht machbar ist mit den vielen geplanten Abwesenheiten, eine feste Arbeitsstelle zu finden. Außerdem wollte ich mit Kopf und Herz ganz bei diesen Auslandspraktika sein. Von November bis März war ich allerdings durchgängig in Deutschland und hatte mir für diese Monate eine Arbeitsstelle in der Pflege gesucht.

Wie viele Wochenstunden hast du im Praktikumsbetrieb gearbeitet?

Ich habe bei allen Praktikumsbetrieben maximal 6 Stunden am Tag gearbeitet und auch nur von Montag bis Freitag. Das war super, denn so blieb mir nach der Arbeit noch genügend Energie, um das kulturelle Leben zu erkunden und die Stadt zu entdecken. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass 6 Stunden auch vollkommen ausreichend sind, um alles Wichtige im Praktikum mitzunehmen und zu lernen.

Anmerkung: Die Höhe der Stundenanzahl im Praktikumsbetrieb ist abhängig davon, ob das Praktikum als Teil der Ausbildung anrechenbar ist oder nicht. In der Regel variiert der Umfang zwischen 4 und 7 Stunden am Tag.

Welches waren die deutlichsten Unterschiede in deinem beruflichen Umfeld?

Einer der größten Unterschiede war sicherlich der Personalschlüssel im Pflegebereich, der niedriger ist als in Deutschland. In der Lissaboner Altenpflegeeinrichtung, in der ich gearbeitet habe, waren die Krankenschwestern beispielsweise ausschließlich für den medizinischen Part zuständig, wie Medikamenten- und Infusionsgabe, Verbandswechsel, Katheterpflege und ähnliches – also reine Behandlungspflege. Zusätzlich gab es Pflegeassistent:innen, welche die Körperpflege und die Nahrungsgabe übernommen haben. Auf Kreta habe ich in einem Krankenhaus gearbeitet. Auch dort waren die Krankenschwestern nur für den medizinischen Teil zuständig. Das Persönliche wurde von den Angehörigen übernommen, die sich zum Beispiel darum gekümmert haben, dass das Inkontinenzmaterial gewechselt und die Intimpflege gemacht wird, sowie dafür zu sorgen, dass die Patient:in ausreichend Nahrung zu sich nimmt. Das Personal hat mir erklärt, dass es einfach zu wenige Pflegekräfte gibt, um alle Tätigkeiten vom Fachpersonal durchführen zu lassen. Das war ein sehr großer Unterschied zum deutschen Pflegesystem.

Liebe Tabea, dein letztes Praktikum wird irgendwann abgelaufen sein. Wie geht es dann weiter für dich?

Ich werde versuchen, mich schon während meines letzten Praktikums zu bewerben, so dass ich im September, wenn ich wieder in Deutschland bin, die ersten Vorstellungsgespräche für eine Festanstellung habe. Ich möchte gern eine Stelle in der 1-zu-1-Pflege bekommen. Bisher habe ich schon Erfahrungen in der ambulanten Pflege, im betreuten Wohnen, in der stationären Pflege und der Tagespflege gesammelt. Jetzt möchte ich erleben, wie es ist, wenn man tatsächlich nur für eine einzige Person zuständig ist. Falls das nicht klappt, möchte ich wieder ins betreute Wohnen gehen, weil mir dieser Bereich von allen am besten gefallen hat. Und ich werde mir eine eigene Wohnung suchen.

Perspektivisch überlege ich sogar, in 5 bis 10 Jahre auszuwandern – nach Italien beispielsweise. Das habe ich durch Erasmus+ gelernt: Ich bin nicht beschränkt darauf, in Deutschland zu leben und zu arbeiten.

Was möchtest du anderen Erasmus+-Interessierten sagen?

Trau dich. Ganz egal, was dich hemmt, meld dich für das Programm an. Es ist eine fantastische Gelegenheit, mal aus Deutschland rauszukommen und die Welt zu entdecken. Noch dazu ist das Programm super organisiert und finanziert. Du wirst dich verändern in deiner Persönlichkeit und wirst viel offener werden, weil du überall mit sehr viel Herzlichkeit aufgenommen wirst. Wenn du Angst hast, allein zu reisen, dann kann ich nur sagen: Es gibt super viele Möglichkeiten, andere Menschen kennenzulernen. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass es sogar verblüffend leicht ist.

Also: Machen, machen, machen – nutzen, nutzen, nutzen!

Liebe Tabea, vielen Dank für`s Teilen Deiner Erlebnisse mit Erasmus+! Wir wünschen dir, dass es mit der Stelle in der 1-zu-1-Pflege klappt und du deinen Traum von weiteren Auslandserfahrungen realisieren kannst.

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