KI in der Pflege – übernehmen Roboter den Job?
Wie alle Branchen wandelt sich auch die Pflege und profitiert von Digitalisierung und teilweise auch schon von KI. Was das aktuell bedeutet und ob du schon morgen eine vollelektronische Kolleg:in mit blinkenden LED-Augen einarbeitest, erfährst du in diesem Beitrag.
Vorab sei schon gesagt: In naher Zukunft nimmt dir kein Roboter den Pflege-Job weg – macht ihn dir aber vielleicht etwas leichter.
Was bedeutet KI in der Pflege?
Zum Einstieg in das Thema eine kurze Definition von KI oder Künstlicher Intelligenz: KI basiert immer auf Machine Learning, das bedeutet: Ein Gerät oder eine Anwendung mit einer intelligenten Programmierung führt nicht nur einen festgelegten Prozess aus, sondern lernt währenddessen dazu. Der Algorithmus sammelt fortwährend neue Daten und kann immer besser auf Veränderungen reagieren. Muster werden erkannt und der Prozess wird immer wieder an die Anforderungen angepasst.
Beispiele aus deinem Alltag verdeutlichen das: Dein Navigationssystem schlägt dir bei Stau eine alternative Route vor und kann dabei deine Bedingungen berücksichtigen. Oder dein Streaming-Anbieter kennt deinen Musik- oder Filmgeschmack und macht dir entsprechende Vorschläge.
In der Pflege kann KI bei ganz unterschiedlichen Aufgaben unterstützen:
- Diagnose und Pflegeplanung
- Dokumentation und Verständigung
- Datenerfassung und Analyse
- Motorische Unterstützung bei Bewegungsabläufen
- Ansprache und Versorgung
Künstliche Intelligenz in der Pflege soll unterstützen.
KI in der Pflege bedeutet nicht immer, dass tatsächlich ein Roboter dir bei der Arbeit hilft. Auch eine Anwendung auf dem Tablet, Handy oder dem PC kann Künstliche Intelligenz enthalten.
Gut zu wissen:
Die Entwicklung von KI-basierten Pflege-Hilfen hat nie das Ziel, den Menschen überflüssig zu machen. Denn gerade in der Pflege ist der menschliche Kontakt ein wichtiger Bestandteil. Aber der Fachkräftemangel in dieser Branche ist ein großes Thema und wer würde nicht gern Routinearbeiten, körperlich schwere Tätigkeiten oder zeitfressende Dokumentationen an einen freundlichen Roboter oder ein schlaues Programm abgeben? Mehr Zeit für den Kontakt zwischen Pflegenden und Patient:innen sollte immer das Ziel von KI in der Pflege sein.
Sehen wir uns also einige Anwendungsbeispiele an:
Pflege-Roboter: Garmi und Paro, das Robbenbaby.
Die KI-gesteuerte Babyrobbe Paro aus Japan ist ein Klassiker in der Welt der Pflege-Roboter: Bereits seit 2004 ist die plüschige Puppe in Form einer jungen Robbe auf dem Markt und wird auch in Deutschland eingesetzt. Das Kuscheltier kann sich Namen merken, sich Menschen zuwenden und nimmt über Sensoren im Fell Berührung wahr. Es reagiert mit Geräuschen und Bewegungen, wenn es gestreichelt wird. Inspiriert von der tiergestützten Therapie wird dieser Roboter vorwiegend in der Demenzpflege eingesetzt und stimuliert Patient:innen durch die niedliche Interaktion.
Wesentlich komplexer ist der humanoide Roboterassistent Garmi, entwickelt in der Technischen Universität München (TUM) im Forschungsbereich Geriatronik. In seiner Testwohnung in Garmisch-Partenkirchen kann er bislang Getränke reichen, einfache Kommandos verstehen und ausführen und Patient:innen bei Mobilitätsübungen behilflich sein. In Zukunft soll der Roboter zwischen Ärzt:in und Patient:in vermitteln und ferngesteuert Untersuchungen ausführen können. Bis Garmi aber wirklich regulär in der Pflege zum Einsatz kommt, werden – Stand 2024 – noch einige Jahre vergehen.
Vereinzelt zum Einsatz kommen auch optisch schlichtere Service-Roboter, die etwa dafür sorgen, dass ältere Menschen in Pflegeeinrichtungen ausreichend trinken. Die rollenden und sprechenden Getränkespender steuern Patient:innen an, dokumentieren ihre Arbeit sogar und nehmen dem Pflegepersonal damit Wege und einfache Aufgaben ab.
Das intelligente Pflegebett.
Auch das KI-gesteuerte Pflegebett steht noch am Anfang seiner Entwicklung. Idealerweise kann solch ein intelligentes Bett die Patient:in daran erinnern, sich zu bewegen, kann Feuchtigkeit wahrnehmen und melden, Körpergewicht, Temperatur und Puls messen und natürlich alle Daten sammeln und darstellen. Dabei reagiert es auf Spracheingaben und enthält ein Display, auf dem alle Daten einsehbar sind.
Die AR-Pflegebrille.
AR steht für Augmented Reality. Die AR-Brille reichert die Realität der Pflegeperson mit Informationen an, während beide Hände frei sind. Patientendaten oder Pflegeanleitungen, etwa für die Wundversorgung, können ebenso über die Brille sichtbar werden wie Notizen der Kolleg:innen oder der Ärzt:in.
Exoskelett und Heberoboter.
Diese KI-Unterstützung in der Pflege schont den Rücken und greift Pflegenden wie Patient:innen wortwörtlich unter die Arme. Exoskelette sind angepasste Prothesen, die Bewegungsabläufe von außen unterstützen und dabei sensibel auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen reagieren. Heberoboter können beispielsweise beim Umbetten, Aufstehen und bei Übungen helfen.
Pflege per Roboter ist (noch) Zukunftsmusik.
Du kennst nun die einschlägigen KI-Anwendungen, die teils bereits auf dem Markt sind, aber bisher nicht technisch ausgereift.
Für fast alle gilt: Ihre Anschaffungs- und Wartungskosten decken sich noch lange nicht mit ihrem Nutzen in öffentlichen Einrichtungen. Ein weiterer Grund, warum dir in den nächsten Jahren keine Maschine den Pflege-Job wegnimmt, sind viele offene Fragen:
- Ungeklärte Rechtslage – wer haftet bei Roboterfehlern?
- Ethische Einordnung – was darf eine Maschine, was kann nur der Mensch?
- Wie ist eine KI-Kolleg:in versichert?
- Wie wird Datenschutz sichergestellt?
Das sind nur Beispiele für die Fragen, die jede neue Technologie mit sich bringt. Technisch ist bereits vieles möglich, aber die gesellschaftliche Akzeptanz und Regeln für einen verantwortungsvollen Umgang müssen sich entwickeln und in Gesetzen ausformuliert werden.
KI hilft bei Pflegeplanung und Dokumentation.
Neben der spannenden Entwicklung im Bereich Robotik gibt es aber weitere KI-Hilfen in Form von intelligenten Programmen und Anwendungen.
- Längst alltagstauglich sind die sogenannten Wearables – du kennst sie als Smartwatch oder Fitnessarmband. Die Vitalfunktionen per Sensor zu überwachen und zu dokumentieren kann eine große Entlastung für Pflegende sein, zumal das KI-basierte Programm aus den gesammelten Daten auch Therapieempfehlungen oder Diagnosen ableiten kann.
- Bei der Dienst- und Tourenplanung in der ambulanten Pflege ist KI eine große Hilfe. Sammelt sie doch alle wichtigen Infos zentral und ist dabei nie zu müde oder gestresst, um umzudenken und neu zu planen, wenn eine Kolleg:in ausfällt oder eine Patient:in besondere Bedürfnisse hat. Die ideale KI-Anwendung erinnert, passt auf oder fragt nach und sorgt dafür, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Informationsstand sind. Und das Beste: KI-gesteuerte Pflegedokumentation kann per Spracheingabe erfolgen – so sparen sich Mitarbeiter:innen wertvolle Zeit.
- Bei der Verständigung kann ebenfalls eine Sprach-KI in der Pflege unterstützen – sei es beim Einarbeiten ausländischer Kolleg:innen oder im Patientengespräch. Sprachgesteuerte Anwendungen können an Medikamenteneinnahme erinnern, Hilfestellung geben und dokumentieren. Aber auch bei Fachbegriffen in einem Befundbericht steht beispielsweise ChatGPT Patient:innen und Angehörigen zur Seite, kann übersetzen, Fragen beantworten und Handlungsempfehlungen ausgeben.
- Last but not least wird ChatGPT eine immer größere Rolle in der Pflegeausbildung einnehmen. Schon jetzt kannst du es in deiner Prüfungsvorbereitung als Privatlehrer:in nutzen. Tipps dazu findest du auch in unserem Ratgeber über das Lernen mit KI.
Fazit: Positive Aussichten – KI wird Pflegearbeit erleichtern.
Wenn du dich für einen Beruf in der Pflege interessierst oder bereits in der Branche tätig bist, lohnt sich die Beschäftigung mit KI und Digitalisierung auf jeden Fall. Das bedeutet nicht, dass du deshalb an Zuwendung oder Empathie für deine Patient:innen sparen sollst oder weniger Zeit für sie hast.
Eher das Gegenteil – langfristig soll KI in der Pflege dir und den Kolleg:innen zeitraubende Schreibtischarbeit und körperliche Belastungen abnehmen und dich mit hilfreichen Informationen bei der Kommunikation unterstützen.
Tipp: Was bedeutet die SMART-Regel in der Pflege?
Um Missverständnissen vorzubeugen: Das Wort smart wird häufig im Zusammenhang mit KI-Anwendungen genutzt: Im Smarthome sind Geräte miteinander vernetzt und reagieren flexibel auf äußere Einflüsse wie Temperatur oder Wünsche der Nutzer:innen. Eine Smartwatch kann Vitalfunktionen dokumentieren und bei Unregelmäßigkeiten warnen oder sogar Hilfe holen.
Die SMART-Regel in der Pflege beschreibt allerdings etwas ganz anderes: Eine Methode aus dem Projektmanagement nämlich, die bei Organisation und Planung hilfreich sein kann: Die vier Buchstaben stehen hier als Abkürzung für Spezifisch, Messbar, Attraktiv oder Akzeptiert, Realistisch und Terminiert. Diese sechs Kriterien sollten auf jedes Ziel anwendbar sein, welches ihr euch in der Pflegeplanung setzt.
Ein Beispiel: Gibt die Pflegedienstleitung das Ziel aus, die Bewohner:innen der Einrichtung müssen generell mehr trinken, so ist das wenig greifbar und wird höchstwahrscheinlich im Alltag untergehen. Ist das Ziel aber spezifisch, etwa: „Patient:innen, die mobil sind, sollen ab sofort pro Tag 1,5 Liter Flüssigkeit zu sich nehmen, die Pflegehelfer:innen kümmern sich darum“, wird es messbar und zeitlich konkret. Durch klare Zuständigkeit wird es zudem realistisch und damit – hoffentlich – mindestens akzeptiert.