Hast du auch den Eindruck, das Thema Fachkräftemangel ist gerade überall? Sei es in den Medien, weil die Politik nach Lösungen sucht oder jemand das Thema infrage stellt. Oder sei es, wenn du eine Handwerker:in brauchst oder in der Gastronomie vor verschlossenen Türen stehst „Geschlossen wegen Personalmangel“. Vielleicht merkst du den Mangel auch direkt in deinem Job oder du bist gerade auf Jobsuche und fragst dich, wie das zusammenpasst? Wir haben hier Infos zum Thema Fachkräftemangel für dich zusammengestellt und dazu Tipps, wie du die Situation für dich nutzen kannst.
Erstmal die Definition: Was sind denn Fachkräfte?
Fachkraft ist kein geschützter Begriff, gemeint ist in der Regel eine Arbeitskraft mit abgeschlossener Berufsausbildung oder beendetem Hochschulstudium. Sie kann spezifische Aufgaben und Tätigkeiten in ihrem Fachgebiet kompetent ausführen, komplexe Aufgaben eigenständig bewältigen und ist in der Lage, Probleme zu lösen, die Fachwissen erfordern. Das unterscheidet sie von einer ungelernten Hilfskraft. Sind Fachkräfte kurzfristig knapp, spricht man eher von einem Fachkräfte-Engpass, erst wenn die Situation langfristig anhält, wird der Ausdruck Fachkräftemangel benutzt.
Fachkräftemangel in Deutschland – das sagen die Zahlen.
Immer wieder taucht in den Medien oder im Gespräch die Frage auf, ob es den Fachkräftemangel wirklich gibt, schließlich gäbe es ja viel mehr Arbeitslose als offene Stellen? Ein Blick auf die Zahlen zeigt: Das stimmt. Im August 2025 waren bei der Bundesagentur für Arbeit 631.000 offene Stellen gemeldet, dazu 129.000 unbesetzte Ausbildungsplätze. Die Zahl der arbeitslosen Menschen stieg derweil in Deutschland über drei Millionen. *
Vielen von ihnen fehlen allerdings tatsächlich die Fachkenntnisse, die von den vielen verzweifelten Unternehmen so dringend gebraucht werden. Man spricht deshalb auch von einer Fachkräftelücke; das ist die Zahl der offenen Stellen, für die es rechnerisch keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt. Wichtig zu wissen: Diese Lücke ist nicht überall gleich. Sie variiert von Bundesland zu Bundesland und betrifft natürlich auch nicht alle Branchen und Berufe gleichermaßen. Derzeit ist der Mangel an gut ausgebildeten Menschen besonders hoch in der Pflegebranche, in Bildung und Erziehung, im Handwerk, besonders in der Baubranche und im Handel. Auch Kraftfahrer:innen und IT-Fachleute werden weiterhin dringend gesucht.
Noch ein Schlagwort: Engpassberufe.

Die Agentur für Arbeit definiert alljährlich sogenannte Engpassberufe und meldete diese Entwicklung im Mai 2025:
- Die Zahl der Berufe mit einem Fachkräfte-Engpass liegt bei 163 und ist damit seit zwei Jahren rückläufig.
- Neu hinzugekommen sind Engpässe in Berufen der spanenden Metallbearbeitung sowie in der Heilerziehungspflege.
- Etwa die Hälfte der gemeldeten Stellen (ohne Helfer:innen) sind Engpassberufe.
Und der wichtigste Fakt zum Schluss: Nur ein Bruchteil der 3 Mio. Arbeitslosen sind überhaupt Fachkräfte. So hatten 2024 zum Beispiel 2,8 Millionen junger Menschen zwischen 20 und 34 Jahren keinen Berufsabschluss – und hier sind keine Azubis oder Studierenden enthalten.
Fazit: Der Fachkräftemangel ist real, unter anderem weil Stellenangebot und Arbeitskräftenachfrage nicht zusammenpassen.
Häufig gefragt: Ist der Fachkräftemangel eine Lüge? Wie bei allen großen Themen unserer Gesellschaft gibt es auch zum Mangel an Fachkräften unterschiedliche Stimmen und Theorien. Unter anderem liest und hörst du vielleicht auch die Behauptung, der Fachkräftemangel sei eine Lüge. Suchst du vertrauenswürdige Fakten, um dem Thema auf den Grund zu gehen, kannst du auf der Presse-Seite der Bundesagentur aktuelle Berichte lesen, wie zum Beispiel den zur gestiegenen Zahl der Engpassberufe. Die Jahresberichte mit allen Zahlen kannst du hier einsehen: Fachkräfteengpassanalyse der Bundesagentur für Arbeit. Hier wird die unterschiedliche Ausprägung deutlich, da sich die Ergebnisse nach einzelnen Berufen und Regionen filtern lassen. Eine gründliche Suche wird sicher auch Beruf-Ort-Kombinationen finden, in denen kein Mangel herrscht – das dürfte aber die Ausnahme sein.
Das sind die Gründe für den Fachkräftemangel in Deutschland.
Demografischer Wandel.
Deutschlands Bevölkerung wird immer älter. In den 60er-Jahren wurden viel mehr Kinder geboren als in den Jahrzehnten danach – der sogenannte Babyboom. Immer mehr "Boomer" erreichen gerade das Rentenalter. Für ihre freiwerdenden Jobs gibt es nicht annähernd genug Nachwuchskräfte.
Digitalisierung und technologischer Fortschritt.
Berufsbilder wandeln sich schneller denn je. Durch die Digitalisierung fordert der Arbeitsmarkt stetig neue Kenntnisse und Fähigkeiten. Um Schritt zu halten mit der technologischen Entwicklung, sind Umschulungen und Weiterbildungen für Arbeitnehmende unverzichtbar.
Bildungssystem und Berufsausbildung.
In einigen Branchen, besonders im Handwerk, aber auch im Bereich Informatik und Einsatz von KI, gibt es zu wenige Absolvent:innen mit den erforderlichen Qualifikationen. Das schulische Bildungssystem begeistert und qualifiziert junge Menschen nicht ausreichend für Engpassberufe. Mangelnde Praktikumsmöglichkeiten während der Pandemie verstärkten diesen Effekt.
Geringe Attraktivität bestimmter Berufe.
Manche Berufe, besonders im Handwerk, kämpfen mit einem Imageproblem und gelten als unattraktiv, was weniger junge Menschen dazu motiviert, eine Ausbildung in diesen Bereichen zu beginnen.
Arbeitsbedingungen und Work-Life-Balance.
Unattraktive Arbeitsbedingungen können dazu führen, dass Fachkräfte das Unternehmen oder sogar den Beruf wechseln. Der Effekt verstärkt sich mit zunehmender Überlastung der verbleibenden Kolleg:innen. Gleichzeitig haben jüngere Menschen höhere Ansprüche an eine ausgeglichene Work-Life-Balance, als die vorhergehenden Generationen. Alleinerziehenden Menschen erschweren der Mangel an Betreuungsplätzen für ihre Kinder oder unflexible Arbeitszeiten die Jobsuche.
Internationale Konkurrenz.
Deutschland ist Teil des globalen Arbeitsmarktes, und qualifizierte Fachkräfte haben oft die Möglichkeit, in anderen Ländern zu arbeiten. Dies erhöht die Konkurrenz um Talente und kann zu einem Fachkräftemangel in bestimmten Branchen führen.
Was tun gegen den Fachkräftemangel?
Die Lösung des Fachkräftemangels erfordert ein Maßnahmenpaket aus
- Bildungsreformen
- Investitionen in Weiterbildung und Qualifizierung
- verbesserter Vereinbarkeit von Beruf und Familie
- und neuen Einwanderungsgesetzen.
Diese Maßnahmen brauchen Zeit, um in der Koalition abgestimmt und auf den Weg gebracht zu werden. Das Bundesbildungsministerium hatte im Herbst 2022 eine neue Fachkräftestrategie ausgearbeitet und will das Bildungssystem verbessern, Einwanderung erleichtern, Weiterbildung gezielt fördern und auf den Wandel der Arbeitskultur einwirken.
Für Konzerne wie kleine Betriebe wird es in Zukunft immer wichtiger, geeignete Fachkräfte zu finden. Welche Möglichkeiten es dazu gibt, haben wir hier für dich zusammengestellt.
Fachkräfte finden für UnternehmenFachkräfte weiterbilden mit Bürgergeld.
Ein wichtiger Lösungsansatz gegen den Fachkräftemangel wurde Anfang 2023 mit dem Bürgergeld umgesetzt: Weiterbildung und Umschulung für arbeitslose Menschen haben einen höheren Stellenwert als noch unter Hartz IV. Alle, die arbeitslos gemeldet sind und eine Sozialleistung beziehen, hatten die Möglichkeit, an Weiterbildung, Umschulung oder Coaching teilzunehmen, um ihre Chance auf qualifizierte Jobs zu erhöhen. Die Kosten für die Bildungsmaßnahmen trug das Jobcenter. Zusätzlich werden Bürgergeldempfänger:innen, die so ein Bildungsangebot in Anspruch nehmen, monatlich anrechnungsfrei mit 150 Weiterbildungsgeld unterstützt. Außerdem ermöglicht das Qualifizierungschancengesetz, kurz QCG, auch Betrieben für die Weiterbildung ihrer Mitarbeitenden Förderung zu erhalten. Ob die im Februar 2025 gewählte große Koalition diese Maßnahmen aufrecht erhält, bleibt abzuwarten.
Du willst noch mehr wissen? In unserem Ratgeber-Beitrag Bürgergeld beantworten wir die häufigsten Fragen zum Hartz 4 Nachfolger und beobachten die erneute Überarbeitung der Sozialleistung.
Deine Chance: Mit Bildung gegen den Fachkräftemangel.

Ganz einfach auf den Punkt gebracht, bedeutet der Fachkräftemangel für dich als Arbeitnehmer:in: Je mehr Fachwissen, Kenntnisse, Kompetenzen du hast, desto begehrter bist du auf dem Arbeitsmarkt und kannst dir die Jobs aussuchen.
Gerade für erfahrene Fachkräfte bietet der Arbeitsmarkt neue Chancen – auch im späteren Berufsleben. Wie ein erfolgreicher Jobwechsel in deiner zweiten Lebenshälfte gelingt, erfährst du in unserem Ratgeber Jobwechsel mit 50+.
Weiterbildung, Umschulung oder auch ein Coaching zur Orientierung sind entscheidende Schritte auf dem Weg zum qualifizierten Job. Und dank Bürgergeld und QCG sind die Möglichkeiten, dir neues Fachwissen anzueignen, derzeit gut.
In diesen Situationen lohnt es sich, über eine Weiterbildung oder Umschulung nachzudenken:
- Du stehst am Beginn deiner Berufslaufbahn und hast noch keinen Abschluss.
- Du hast einen Job, überlegst aber, zu wechseln.
- Du möchtest dir als Quereinsteiger:in ein ganz neues Berufsfeld erobern.
- Du bist von Arbeitslosigkeit bedroht oder bereits arbeitslos?
- Du hast länger nicht gearbeitet und möchtest dir wieder einen qualifizierten Job suchen.
- Du musst aus gesundheitlichen Gründen deinen Beruf wechseln.
Fazit: Fang an zu recherchieren, lass dich beraten – stopp den Fachkräftemangel.
Natürlich kannst du nicht allein die Arbeitsmarktsituation ändern. Aber du kannst sie für deine Karriere nutzen. Bist du derzeit angestellt und möchtest dich weiter qualifizieren, sprich mit deiner Arbeitgeber:in. Jedes Unternehmen profitiert von gut ausgebildeten Mitarbeitenden, die auf dem neuesten Stand sind. Gerade im Zuge der Digitalisierung können Betriebe dem Fachkräftemangel aktiv vorbeugen, indem sie ihre Belegschaft mit Weiterbildung zukunftsfit machen. Recherchiere vorab, welche Bildungsangebote zu deiner Arbeitssituation passen und überlege dir genau, welche Vorteile du und dein Team von diesem neuen Wissen haben werden. Damit steigt die Chance, deine Vorgesetzten zu überzeugen.
Bist du arbeitslos, sprich mit deiner Berater:in beim Jobcenter oder Arbeitsamt. Auch hier lohnen sich die Vorab-Recherche und eine klare Vision von deiner Job-Zukunft. Hier liest du, wie du dich auf das Gespräch bei der Arbeitsagentur vorbereiten kannst.
Du kannst dich auch jederzeit kostenlos von einer Bildungsanbieter:in beraten lassen. Das ist besonders hilfreich, wenn du noch nicht so genau weißt, welches Angebot zu dir passen könnte und welche Fördermöglichkeiten es gibt. Ob eine Weiterbildung oder sogar eine Umschulung zu dir passt, ob du eine Fortbildung oder einen Bildungsurlaub beantragen willst – sei dir sicher, jede neue Qualifikation, die du dir aneignest, stärkt deine Position auf dem Arbeitsmarkt. Und denk daran: Weiterbildung ist keine Frage des Alters.
Nutze deine Erfahrung, entwickle neue Fähigkeiten und finde den Job, der wirklich zu dir passt. Mit der richtigen Strategie kannst du dich beruflich neu aufstellen.
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